Wing Tsun ‒ ein taoistisches Kampfsystem

Wie die meisten chinesischen Kampfkünste ist auch Wing Tsun durch die drei großen Lehren Chinas maßgeblich geprägt.

Taoismus

Taoismus leitet sich ab von Tao, einem Begriff der chinesischen Philosophie, der gleichbedeutend mit Weg oder Prinzip im Sinne eines Naturgesetzes übersetzt werden kann. Das Tao beinhaltet den Ursprung und die Vereinigung der Gegensätze in der Welt. Es ist der Grund des Seins und somit eigentlich nicht definierbar. Harmonie mit sich und der Welt wird im Taoismus weniger durch Verstand, reine Willenskraft und zielgerichtetes Handeln angestrebt, sondern durch die Fähigkeit sich intuitiv dem Lauf der Dinge anzupassen. Das Tun soll angemessen sein, ohne übermässige Kraftanstrengung, wenn von selbst ablaufende Vorgänge genutzt werden, die durch das Tao bestimmt sind. Die Lehre des Taoismus steht für Natürlichkeit, Spontanität und Wandlungsfähigkeit. In diesem Bezug ist Wing Tsun, in seiner Anpassungsfähigkeit und fließenden Dynamik ohne feste Form, Taoismus in Bewegung.

Konfuzianismus

Der Einfluss des Konfuzianismus im Wing Tsun spiegelt sich im Lehrer - Schüler Verhältnis und im Verhältnis der Schüler untereinander wieder. Dieses Verhältnis sollte von gegenseitiger Achtung voreinander und durch den respektvollen Umgang miteinander geprägt sein. In diesem Sinne existiert auch ein hierarchisches Ordnungsverhältnis aufgrund der Erfahrung und des Könnens des jeweiligen Schülers in dieser Kampfkunst. Generell gilt, behandele den anderen wie du selbst es dir wünscht behandelt zu werden. Ein wirklich erfolgreiches und für alle Beteiligten berreicherndes Trainieren von Wing Tsun ist nur in diesem Rahmen möglich. Die Akzeptanz und die Einhaltung dieser Struktur gibt Sicherheit und erleichtert das Lernen.

Buddhismus

Der Buddhismus entstand auf dem indischen Subkontinent begründet durch Siddharta Gautama. In seiner ursprünglichen Form ist der Buddhismus mehr eine Denktradition und Lebenskunst als eine Religion nach westlichem Verständnis.
Frei von Dogmen und Autoritätsgläubigkeit hebt er die Selbsterkenntnis und somit die Selbstverantwortung des Menschen hervor.
Auch im Wing Tsun ist die Entwicklung dieser Qualitäten elementar.
Obwohl es sich bei Wing Tsun in erster Linie um eine Kampfkunst handelt, braucht es die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis, die Bereitschaft zu Selbsterziehung und Achtsamkeit, sowie Beständigkeit im Üben und Verfeinern der Techniken (der direkte Bezug zum Buddhismus liegt auch im Name einer Bewegungsfolge: Der dritte Satz der Siu-Nim-Tau Form wird auch die dreifache Verehrung Buddhas genannt).
Der verantwortungsvolle Umgang mit dem Erlernten setzt auch Mitgefühl und Charakterstärke voraus. Ein vermiedener Kampf ist ein gewonnener Kampf.

Wheel of Dhamma

Achte auf deine Gedanken
denn sie werden deine Worte
Achte auf deine Worte
denn sie werden deine Taten
Achte auf deine Taten
denn sie werden dein Schicksal

Nähere Informationen zur buddhistischen Lehre und Vipassana-Meditation unter dhamma.org